Tatbestand der Anlageberatung Warum Robo Advisor faktisch erlaubnispflichtig sind

Rechtsanwalt Philipp Mertens: In ihrem Journal macht die Bafin deutlich, wann Robo-Advice-Angebot erlaubnispflichtig werden.

Rechtsanwalt Philipp Mertens: In ihrem Journal macht die Bafin deutlich, wann Robo-Advice-Angebot erlaubnispflichtig werden. Foto: BMS Rechtsanwälte Brinkmöller Mertens

Zunehmend verwenden Verbraucher automatisierte Tools, also Werkzeuge, um ihre Finanzen zu verwalten, sich über Produkte zu informieren beziehungsweise verschiedene Angebote zu vergleichen oder gar Produktabschlüsse zu tätigen. Entsprechende Angebote entstehen mittlerweile in allen Bereichen der Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen.

Charakteristisch für Robo Advice und automatisierte Finanzportfolioverwaltung sind grundsätzlich zwei Merkmale:

  • Menschliche Interaktion beziehungsweise menschliche Eingriffe in den Beratungsprozess fehlen nahezu vollständig. Der Kunde kommuniziert also ausschließlich mit einem Computer, beispielsweise über eine Smartphone-App oder eine Webseite.
  • Die Dienstleistung wird auf der Basis eines Algorithmus erbracht. Die Lösung, die den Kunden angeboten wird, basiert auf der vorherigen Dateneingabe. Dazu gehören objektive Daten wie Alter und Beruf ebenso wie subjektive Daten, wie zum Beispiel das Anlageziel, die individuelle Finanzlage und die individuellen Finanzkompetenzen.

Die Bafin hat sich nun jüngst im Bafin-Journal August 2017 erstmals ausführlich zur Frage geäußert, ab wann sogenannte Robo Advisor insbesondere aufsichtspflichtige Anlageberatung im Sinne des Paragrafen 1 Absatz 1a Nummer 1a des Kreditwesengesetzes (KWG) erbringen. Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass aus der Sicht der Bafin offensichtlich kaum Spielraum für erlaubnisfreie Robo Advisor bleibt. Der ein oder andere Anbieter wird daher wohl (oder übel) sein Geschäftsmodell überdenken oder eine entsprechende Erlaubnis beantragen müssen.

Exploration des Kunden

Klar dürfte sein, dass auch die automatisierte Abfrage der typischerweise anlässlich einer Anlageberatung erhobenen Daten (Alter, Beruf, Anlageziel, Anlagehorizont, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Risikobereitschaft) das Tatbestandsmerkmal „Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers“ erfüllt.

Ausreichend sei es jedoch, so die Bafin, wenn nur ein persönlicher Umstand abgefragt wird. So soll beispielsweise durch ein Tool, welches lediglich den Anlagehorizont (und den Anlagebetrag) abfragt, um auf dieser Basis einen Fonds zu empfehlen, eine erlaubnispflichtige Anlageberatung erbracht werden.

Ebenso sei es möglich, persönliche Umstände implizit abzufragen. Dies sei dann der Fall, wenn der Kunde aus verschiedenen Strategien oder Produktlisten auswählen könne, deren Namensgebung auf den Risikogehalt schließen lasse. Entscheide sich ein Kunde also beispielsweise für ein defensives Musterportfolio, gebe er damit implizit seine Risikobereitschaft und damit einen „persönlichen Umstand“ preis.

Diese Ansicht dürfte die Erlaubnispflicht entsprechender Angebote nicht nur erheblich ausdehnen, sondern auch für jene Anbieter tückisch sein, die zwar über eine entsprechende Erlaubnis verfügen, aber bislang davon ausgingen, mit diesem Angebot keine Anlageberatung zu erbringen. Denn klar ist, dass lediglich die Abfrage des Anlagehorizontes beziehungsweise die bloße Bereitstellung von Musterportfolios weder den Explorationspflichten nach Paragraf 31 Absatz 4 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) noch denen des Paragraf 16 der Finanzanlagevermittlungsverordnung (FinVermV) genügen.

Ob der Kunde eines solchen Tools diese Empfehlung tatsächlich umsetzt, spielt im Übrigen für die Qualifizierung als Anlageberatung keine Rolle. Ebenso können entsprechende Disclaimer solche Angebote nicht schützen. Schließlich engt die EU-Richtlinie Mifid II theoretisch verbleibende Spielräume weiter ein, da zukünftig auch alle sonstigen individuellen Aspekte erfasst werden müssen, die Bedeutung für die Wertpapierdienstleistung haben können.

Ganz schnell in der Anlageberatung

Für den Tatbestand der Anlageberatung kommt es weiter darauf an, ob das vom Robo Advisor erzeugte Ergebnis den Charakter einer persönlichen Empfehlung hat. Wenn der Anbieter den Kunden lediglich in einer neutralen Art und Weise informiert, so ist dies keine Empfehlung. Das gilt etwa für die Bereitstellung einer Suchfunktion, die ein vorhandenes Produktangebot nach rein objektiven Produktmerkmalen selektiert.

Aber bereits die Weiterverarbeitung von objektiven Produktmerkmalen durch den Robo Advisor zu eigenen Risikoklassen, führt dazu, dass aus Sicht der Bafin die Schwelle zur reinen Informationsvermittlung überschritten wird. Selbst eine etwa vorgenommene Produktauswahl kann bereits Empfehlungscharakter bekommen, wenn dadurch das Suchergebnis entsprechend gesteuert wird.